Ehrenringträger 1993

Herr Wolfgang Schierl

Landrat Xaver Bauer gratuliert Kreisheimatpfleger Wolfgang Schierl zum Ehrenring des Landkreises Erding

Landrat Xaver Bauer gratuliert Kreisheimatpfleger
Wolfgang Schierl zum Ehrenring des Landkreises Erding

Verleihung des Ehrenrings am 1. Oktober 1993
(Laudatio von Landrat Xaver Bauer)

Wenn wir uns überlegen, was die Schönheit unseres Landkreises Erding ausmacht, so denken wir zunächst an die Naturräume, die vom Erdinger Moos im Westen bis zum Holzland im Osten sich ausdehnen, an die zahlreichen Gewässer, die unsere Heimat von Süden nach Norden durchziehen und so die natürliche Grundlage für unsere Städte, Märkte und Gemeinden abgeben.

Die Schönheit unseres Landkreises wird in entscheidendem Maße auch geprägt von den stattlichen Bürgerhäusern und stolzen Bauernhöfen, von den vielen Kirchen und Kirchtürmen bis hin zu den unscheinbaren Wegzeichen und Kapellen.

Der Ruhm, die Fülle der Bauten errichtet und ausgestattet zu haben, gehört zumeist den großen Baumeistern, Bildhauern und Malern vergangener Epochen bis herein in unsere Tage.

Es ist uns oft viel zu wenig bewusst, dass wir Kenntnis, Erhalt und Deutung unserer vielfältigen Kunst- und Naturlandschaft Menschen unserer Tage verdanken.

Bauten und Denkmäler, die vor Jahrhunderten errichtet, mehrfach umgebaut und erneuert wurden, bedürfen stets der fachkundigen Begleitung durch Sachverständige der Gegenwart.

Damit haben wir aber nur eine Seite der Denkmalpflege in den Blick genommen.
Für den Landkreisbürger wird der Lebensraum in dem er arbeitet, wohnt und seine Freizeit verbringt noch mehr zur Heimat, wenn ihm ein Kenner die Schönheiten von Natur und Kultur erschließt.

In dieser Vermittlungstätigkeit liegt eine der wesentlichen Aufgaben eines Kreisheimatpflegers begründet.
Der Landkreis Erding kann sich glücklich schätzen, in Kreisheimatpfleger Wolfgang Schierl eine Persönlichkeit zu besitzen, die über die geschilderten Eigenschaften in hohem Maße verfügt.

Sein ganzer Lebensweg hat ihn auf diese Aufgabe gleichsam vorbereitet.
Er hat sich gewissermaßen an den Landkreis Erding herangetastet im Laufe seiner persönlichen Biographie.

Im benachbarten Langenbach kam er zur Welt und besuchte das Gymnasium in Freising.
Wie vielen seiner Altersgenossen war es ihm auferlegt, den Weltkrieg und die Gefangenschaft auf sich nehmen zu müssen.

Nach Kriegsende konnte er sich endlich der Ausbildung zum Lehrer widmen und leitete viele Jahre hindurch - wiederum am Rande des Landkreises Erding - die Volksschule in Hohenlinden.

Im Jahre 1958 wurde er zum Leiter des Staatlichen Schulamts in Erding berufen.

In dieser Zeit war es sein schwierigstes Problem, die damals eingeleitete Schulreform administrativ zu bewältigen.

Dass unser heutiger Kreisheimatpfleger unseren Landkreis wie kaum einer kennt, mag die Tatsache verdeutlichen, dass er aus damals 60 Volksschulen 32 zu bilden hatte.

Es lässt sich leicht nachvollziehen, wie viele Verhandlungen, Sitzungen und Besprechungen in den damals noch 47 Gemeinden -heute sind es 26 - des Landkreises Erding mit Bürgermeistern, Pfarrer und Eltern durchzuführen waren.

Dabei fand Wolfgang Schierl noch Zeit, in der Runde der Heimatforscher des Kreisvereins für Heimatschutz und Denkmalpflege mitzuwirken.

Viele Jahre war er Geschäftsführer dieses Vereins, den Landrat Herbert Weinberg 1951 mit dem Ziel ins Leben gerufen hatte, den Landkreisbürgern die Schönheit und den geistigen Reichtum unseres Landkreises zu erschließen.

In seiner Tätigkeit als Schulrat waren ihm zwei Grundhaltungen ein stetes Anliegen, das er an seine 390 Lehrer, die über 11000 Schüler unterrichteten, immer wieder herangetragen hatte: einmal die heute wieder so geforderten Schlüsselqualifikationen wie Fleiß, Pflichtbewusstsein, Ordnungsliebe, Mitmenschlichkeit und Verantwortungsbewusstsein, zum anderen ein festes Verwurzeltsein in der unmittelbaren Heimat.

Trotz der großen Belastungen, die die Leitung des Staatlichen Schulamts Erding für Wolfgang Schierl mit sich brachte, hat er sich bereit erklärt, 1976 das Ehrenamt des Kreisheimatpflegers für den Landkreis Erding zu übernehmen.

Dies brachte auf drei Gebieten eine Fülle neuer Aufgaben mit sich.

Als Kreisheimatpfleger ist Wolfgang Schierl Mitarbeiter des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, des Erzbischöflichen Baureferats und der Unteren Denkmalschutzbehörde beim Landratsamt Erding.

In diesen Jahren kann Wolfgang Schierl seine Kenntnisse über die bedeutenden Bauwerke unseres Landkreises ganz entscheidend vertiefen, hat er doch Jahr für Jahr für die einzelnen Gebäude und Denkmäler, die zur Renovierung heranstanden, an Ort und Stelle den geschichtlichen und kunsthistorischen Hintergrund zu liefern.

Um es uns einmal an Hand von Zahlen zu verdeutlichen: Während der letzten 17 Jahre wurden 16 Pfarr- und 35 Filialkirchen außen saniert und im Inneren erneuert.

Um einen Blick in die Gegenwart zu tun: zur Zeit werden bei uns im Landkreis 19 Kirchen renoviert.

Der Initiative unseres Kreisheimatpflegers ist es beispielsweise auch zu verdanken, dass das Herderhaus in Bergham wieder in hohem Ansehen steht, weil es so fachkundig renoviert wurde und darüber hinaus bei der Bevölkerung im Bewusstsein verankert ist, als die Stätte der jährlich ausgerichteten Hirtenfeste, die Wolfgang Schierl angeregt hat.

Seinem Fleiß verdanken wir das grundlegende Werk über die Erdinger Kapellen, das er 1991 vorgelegt hat anlässlich der 40-Jahrfeier des Kreisvereins für Heimatschutz und Denkmalpflege Landkreis Erding e.V.

Zur Vorstellung dieses Werkes hat Wolfgang Schierl auch eine Ausstellung im Eingangsgebäude des Bauernhausmuseums gestaltet.

Diese ist nur eine von zahlreichen Ausstellungen gewesen, mit denen die Bevölkerung an die Schönheiten unseres Landkreises herangeführt wurde.
Erinnert sei nur an die große Madonnen-Ausstellung in Erding aus dem Jahre 1981, die viele Schulklassen und über 3000 Landkreisbürger besucht haben.

Auch dazu wurde ein umfangreicher Katalog erstellt.

Diese beiden Werke seien stellvertretend genannt für seine langjährige Herausgebertätigkeit der Schriftenreihe "ERDINGER LAND", die er 1977 ins Leben gerufen hatte.

Einen herausragenden Platz in unserer Landkreisliteratur nehmen seine Buchveröffentlichungen ein.

Erinnert sei nur an sein Werk "1200 Jahre Altenerding", "Das Erdinger Herbstfest", "Das Erdinger Glockenspiel" und die große Ortschronik, die er über seinen früheren Wirkungsort Hohenlinden verfasst hat.

Zahlreiche Beiträge hat er für Festschriften und Heimatbücher geliefert.

Die Liste seiner größeren und kleineren Veröffentlichungen umfasst weit über 100 Titel.

Wir alle kennen Wolfgang Schierl als geschätzten Festredner bei Ortsjubiläen, die durch seine geschichtlich fundierten Festansprachen einen besonderen Höhepunkt erfahren.

In Erinnerung ist uns die Festrede "1200 Jahre Berglern" in diesem Frühjahr.

Wenn wir aufmerksam durch unsere Stadt Erding gehen oder den weiteren Landkreis betrachten, so fallen uns die zahlreichen Gedenktafeln auf, mit denen an geschichtliche Denkmäler und bedeutende Persönlichkeiten erinnert wird.

Der Bogen spannt sich vom Denkmal für das Kletthamer Gräberfeld über die Gedenktafeln für unsere Stadttore bis hin zu den Erinnerungszeichen großer Persönlichkeiten: Amtsrichter Cantler, die beiden Deutinger, Mozarts Urgroßmutter und Josef Martin Bauer.

Einen breiten Raum im heimatkundlichen Wirken unseres Kreisheimatpflegers nehmen die vielen Führungen, Exkursionen und Kunstfahrten ein, durch die die Bevölkerung an die Kunstwerke, Sehenswürdigkeiten und Schönheiten unserer engeren und weiteren Heimat unmittelbar herangeführt werden.

Öffentliche Anerkennung über unseren Landkreis hinaus fand das Leben und Wirken von Wolfgang Schierl durch die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am Bande 1979 und die Denkmalschutzmedaille 1988.

Seit 1990 ist er Kulturpreisträger des Landkreises Erding.

Wenn nun der Kreistag des Landkreises Erding in seiner Sitzung vom 19.07.1993 einstimmig beschlossen hat, Ihnen, sehr verehrter Herr Schierl, den Goldenen Ehrenring des Landkreises Erding zuzuerkennen, so wird damit eine Persönlichkeit geehrt, die die höchste Auszeichnung des Landkreises Erding in herausragendem Maße verdient hat.

Herr Schierl, ich darf Ihnen den Goldenen Ehrenring des Landreises Erding überreichen.