Die Geschichte des Landkreises Erding
Die ältesten Hinweise auf menschliches Leben im Bereich des heutigen Landkreises Erding sind ca. 9000 Jahre alt. Erste Anzeichen von Sesshaftigkeit gehen bis in die Jungsteinzeit zurück. Etwa 2000 v. Chr. entfaltete sich eine breite Siedlungstätigkeit. Die Menschen hielten Pferde, Rinder und Schweine als Haustiere und gingen in geringem Umfang auch dem Ackerbau nach.
Um 500 v. Chr. machten die Kelten den Landstrich zu ihrem Lebensraum. Sie verloren ihre Selbständigkeit etwa 15 v. Chr., als Rom seinen Herrschaftsbereich über die Alpen bis zur Donau ausdehnte.
Die Römer hinterließen mehrere Straßenzüge, wie etwa den von Riegerau nach Langenpreising, der einen Teil der Fernverbindung Augsburg-Regensburg darstellt und den vom Chiemgau über Anzing, Altenerding, Langengeisling bis Berglern.
Im 5. Jahrhundert mussten die Römer den vordringenden Germanen weichen. Aufschlussreiche Erkenntnisse für den Erdinger Raum brachte in diesem Zusammenhang das Kletthamer Gräberfeld.
Einen Hinweis auf bajuwarische Siedlungen bieten die vielen auf "-ing" endenden Ortsnamen in unserem Landkreis. Bevorzugte Siedlungsgebiete der damaligen Zeit waren die Flusstäler von Sempt und Strogen.
In den folgenden Jahrhunderten prägten Herzog, Adel und Kirche wesentlich das Gesicht des Landes. Die Bauern waren durchwegs Grunduntertanen dieser Mächte, die ihnen Schutz gewährten, im Gegenzug aber Abgaben und Dienstleistungen forderten.
Als 788 Karl der Große den letzten Agilofinger, Tassilo III., absetzte, trat der fränkische, später der deutsche König an die Stelle des Herzogs.
Bereits im 11. und 12. Jahrhundert setzte eine Entwicklung zum Flächenstaat im modernen Sinn ein. Vor allem die Wahrung des Landfriedens, der Schutz des Rechts, die Verfolgung von Verbrechen und die Sicherung des Handels verlangten nach einer übergeordneten staatlichen Gewalt. Diese erwuchs in Gestalt der Wittelsbacher.
Ihr Aufstieg setzte in vollem Umfang ein, nachdem Otto VI. von Wittelsbach-Wartenberg, der sich durch unbedingte Treue zu Kaiser Friedrich I. Barbarossa auszeichnete, am 16. September 1180 mit dem Herzogtum Bayern belehnt wurde.
Zur Sicherung der Verbindung zwischen den wittelsbachischen Zentren München und Landshut wurde um 1230 an der Sempt eine Feste gegründet, die spätere Stadt Erding. Fortan hieß der benachbarte, auf salzburgischem Gebiet liegende ältere Ort, Altenerding.
Am Ende der wittelsbachischen Territorienbildung steht die Errichtung von Verwaltungseinheiten, als deren Zentren sich in unserem Raum die befestigten Siedlungen Erding und Dorfen anboten.
Kaum war der wittelsbachische Staat gefestigt, wurde er durch die Erbteilung von 1255 (Bayern wurde dabei in die Herzogtümer Oberbayern und Niederbayern aufgeteilt) erheblich geschwächt. Der Bereich der Gerichte Erding und Dorfen kam dabei zu Niederbayern. Im Jahre 1392 erfolgte eine weitere Aufteilung des Landes in die Herrschaftsbereiche von Ingolstadt, Landshut und München.
Diese wiederholten Teilungen hatten schwere Fehden zwischen den einzelnen Häusern zur Folge, von denen auch das Erdinger Land nicht verschont blieb.
Das Spannungsverhältnis zwischen Landshut und München spielte andererseits aber gerade für Erding und sein Umland eine wichtige Rolle, wählten doch die Herzöge die "Grenzstadt", die etwa auf halben Weg zwischen den Familiensitzen lag, gerne als Ort für Verhandlungen und Vertragsabschlüsse.
In den Jahren 1503 und 1504 verwüstete der Landshuter Erbfolgekrieg das Land. Als positives Ergebnis brachte er jedoch die Wiedervereinigung der bayerischen Herzogtümer.
Eine schwere konfessionelle Krise erwuchs dem Land Mitte des 16 Jahrhunderts, als sich der reichsunmittelbare Graf von Haag aus dem Geschlecht der Fraunberger der Reformation anschloss.
Auch die Zeit des 30-jährigen Krieges (1618 - 1648) wurde eine arge Prüfung für das Erdinger Land. Die darauffolgenden Jahre bescherten der Bevölkerung allerdings wieder erheblichen Wohlstand.
Das 19. Jahrhundert brachte den endgültigen Sieg des Staates über die lokalen Gewalten. Die Säkularisation beseitigte die jahrtausendalte Grundherrschaft der Kirche. Bald darauf folgte die Befreiung der Bauern von der adeligen Grundherrschaft.
Im Zuge einer Neugliederung der Verwaltung kamen im Jahre 1808 die Rentämter Erding und Dorfen von Niederbayern nach Oberbayern. Dies stellt nicht nur eine verwaltungstechnische Umgliederung dar. Vielmehr richtete sich von nun an auch das kulturelle Leben nach München hin aus.
Das Jahr 1862 brachte die Trennung von Justiz und Verwaltung. Anstelle der beiden Gerichte Erding und Dorfen trat das Bezirksamt Erding, das fortan eine integrierende Wirkung auf den gesamten Raum ausübte und den Ursprung des heutigen Landkreises darstellt.
Der 2. Weltkrieg hat auch über das Erdinger Land und seine Bevölkerung viel Leid gebracht. Dabei wurde besonders die Stadt Erding kurz vor Kriegsende in Mitleidenschaft gezogen.
Die Zeit nach 1945 stand im Zeichen des Wiederaufbaus. Gleichzeitig galt es, das Unterkommen von mehr als 10.000 Heimatvertriebenen sicherzustellen.
In die Zeit nach dem 2. Weltkrieg fällt die Neuordnung des Staatswesens auf demokratischer Basis. Dabei erhielten die Gemeinden ihr Selbstverwaltungsrecht zurück. Anstelle des Bezirks trat 1946 der Landkreis.
Seit dem Inkrafttreten der Landkreisordnung vom 16.2.1952 wird der Landrat frei vom Volk gewählt. Damit fand die Entwicklung des Kreises als kommunale Selbstverwaltungskörperschaft ihren Abschluß.
Der örtliche Zuständigkeitsbereich der Landkreise änderte sich allerdings nochmals mit dem Inkrafttreten der Verordnung zur Neugliederung Bayerns in Landkreise und kreisfreie Städte vom 27. Dezember 1971. Damals wurden dem Landkreis Erding die Gemeinden Schwindkirchen, Isen, Mittbach, St. Wolfgang und Schiltern sowie die gemeindefreien Gebiete Sollacher Forst und Thann zugeschlagen.
Der Landkreis Erding zeigt auch heute noch ein vorwiegend ländliches Bild, in dem sich Landwirtschaft, Handwerk und gewerblicher Mittelstand ergänzen.
Am 17. Mai 1992 wurde der neue Flughafen München "Franz-Josef-Strauß" im Erdinger Moos eröffnet. In seiner Folge kam es zu einem spürbaren Anwachsen der Bevölkerung und der Ansiedlung neuer Betriebe.