Bundesverwaltungsgericht kippt „Rote Gebiete“

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) in Leipzig vom vergangenen Freitag, das die Bayerische Ausführungsverordnung zur Düngeverordnung (AVDüV) und damit die Ausweisung der sogenannten "Roten Gebiete" für unwirksam erklärt, wird im Landkreis Erding als wichtige Bestätigung der jahrelangen Kritik gewertet. Landrat Martin Bayerstorfer kritisiert in diesem Zusammenhang das Vorgehen der zuständigen bayerischen Behörden scharf.

Bayerstorfer übt deutliche Kritik am Wasserwirtschaftsamt München, dem Bayerischen Umweltminister Thorsten Glauber und dem Landesamt für Umwelt (LfU). Er wirft den Behörden vor, die Ermittlung der Roten Gebiete auf einer unzureichenden Datengrundlage durchgeführt und damit „versagt“ zu haben. Der Landrat betont zwar die Notwendigkeit des Gewässerschutzes, fordert jedoch eine sachgerechte Umsetzung: „Wasserschutz ist selbstverständlich enorm wichtig, aber auf Basis verlässlicher und valider Messungen.“ Bayerstorfer kritisiert das katastrophale Messstellennetz scharf, denn der Landkreis selbst hatte dem Wasserwirtschaftsamt auch landwirtschaftlich bewirtschaftete Flächen zur Messung angeboten, statt sich auf Messstellen zu stützen, deren Werte teilweise keinen Bezug zur landwirtschaftlichen Bewirtschaftung aufwiesen. Auch verschiedene Trinkwasserbrunnen auf landwirtschaftlichen Anwesen wurden dem WWA zur Einrichtung einer Messstelle vorgeschlagen. Er erinnert zudem daran, dass sich der Landkreis Erding mehrfach in Brandbriefen und Resolutionen an den zuständigen Minister gewandt hatte, um auf die Unzulänglichkeiten hinzuweisen. Insbesondere das für die Ausweisung angewandte primitive Voronoi-Verfahren hatte der Landkreis Erding wiederholt bei der Staatsregierung als unzureichend kritisiert.  Entsprechend hat der Landkreis Erding vor elf Monaten auch selbst Klage beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingereicht.

Rote Gebiete sind landwirtschaftliche Flächen, die gemäß der Düngeverordnung (DüV) als mit Nitrat belastete Gebiete ausgewiesen werden, weil dort erhöhte Nitratwerte im Grundwasser festgestellt wurden. Die Ausweisung verpflichtet die dortigen Landwirte zu verschärften Düngebeschränkungen, insbesondere einer Reduzierung des Düngebedarfs um 20 Prozent, um eine weitere Belastung der Gewässer zu vermeiden. Die Problemstellung im Landkreis Erding lag in der mangelhaften Datengrundlage für die Ausweisung. Es wurde u.a. moniert, dass teils nur eine einzige Messstelle, wie etwa in einem Lehmabbaugebiet, für riesige Grundwasserkörper maßgeblich war, wobei die Standorte der Messstellen oft in keinem Zusammenhang mit typisch landwirtschaftlich beeinflussten Flächen standen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die bayerische Ausführungsverordnung für unwirksam erklärt, da die bundesrechtliche Ermächtigungsgrundlage (§ 13a Abs. 1 DüV) mangels hinreichender Regelungsdichte gegen verfassungsrechtliche Anforderungen (Eigentums- und Berufsfreiheit) verstößt. Als Folge sind die zusätzlichen Düngebeschränkungen in den bayerischen Roten Gebieten ab sofort außer Kraft, wobei die allgemeine Düngeverordnung jedoch weiterhin gilt. Das Urteil ist ein Signal an den nationalen Gesetzgeber, der nun gefordert ist, die rechtlichen Grundlagen zu ändern und klare, nachvollziehbare Kriterien für die Gebietsausweisung zu schaffen. Die geplante Neuausweisung der Roten und Gelben Gebiete in Bayern für Ende 2025 wird ausgesetzt, da nun zunächst der Bund konkrete gesetzliche Vorgaben für die Länder zur Ausweisung von Roten Gebieten machen muss. Diese sollten ein deutlich erweitertes Messstellennetz sowie wissenschaftlich anerkannte und praxistaugliche Methoden zur Belastungsermittlung enthalten.